Zielvorstellungen

Das Gesundheitssystem ist das Resultat eines ­allgemeinen Diskussionsprozesses auf Augen­höhe, in dem die Sozialpartner und die Interessen­organisationen der gesetzlichen Krankenkassen als ­Anwälte ihrer Versicherten ein gleichberechtigter Partner neben der Politik und den Leistungs­erbringern sind.

Auf einen Blick  Im Detail

Eine erfolgreiche Gesundheitspolitik muss sich aus Sicht der Innungskrankenkassen an folgenden ­Zielvorstellungen messen lassen:

Die Politik sichert dem Gesundheitssystem eine auskömmliche und nachhaltige Finanzierungsgrundlage.

Konkret bedeutet dies:

Die Solidargemeinschaft der Versicherten und Arbeitgeber muss sich auf die Stabilität der Beitragssätze verlassen können. Die Finanzierung der GKV muss auf eine Basis gestellt werden, bei der eine 40-Prozent-Grenze wieder Richtschnur ist. Die Dynamisierung des Bundeszuschusses und die kostendeckende Beteiligung des Bundes an den Kosten der Versorgung der Bürgergeldbeziehenden werden umgesetzt. Versicherungsfremde Leistungen werden als gesamtgesellschaftliche Aufgaben nicht mehr über Beitragsgelder bzw. den Gesundheitsfonds, sondern mittels Steuern finanziert. Neben Strukturreformen im stationären und ambulanten Bereich sind Maßnahmen zu ergreifen, die die Ausgabendynamik bremsen, ohne die Leistungen für Versicherte einzuschränken. Die Finanzierungsseite der Krankenkassen muss durch eine Entlastung auf der Kostenseite flankiert werden.


Zur Wahrnehmung der Bedürfnisse und Interessen der Versicherten und Arbeitgeber wird die Selbstverwaltung als verfassungsmäßiges, demokratisches Fundament des Gesundheitssystems weiterentwickelt und gestärkt.

Konkret gehört dazu,

dass Krankenkassen als Treuhänder der Beitragsgelder für die Rechte ihrer Mitglieder auch im Klageweg streiten können (z.B. bei Zweckentfremdung der Beitragsgelder für gesamtgesellschaftliche Aufgaben).


Das gegliederte, wettbewerbliche System und die Kassenarten sind fester Bestandteil unseres Gesundheitssystems. Eine politische Steuerung der Krankenkassen wird abgelehnt.

Konkret soll…

der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich die Versichertenstrukturen mit der Problematik der sog. Versorgerkassen im Sinne fairer Wettbewerbsbedingungen stärker berücksichtigen und stärkere Anreize zur Gesunderhaltung der Versicherten setzen. Die Rolle der GKV und der Krankenkassen sind dahingehend neu zu denken, als diese vermehrt die Steuerung für die gesundheitliche Versorgung zu Gunsten ihrer Versicherten und Arbeitergeber übernehmen.    

  • Die Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung der gesetzlichen Krankenver­sicherung und der sozialen Pflegeversicherung muss ein Schwerpunktthema der kommenden Legislatur werden.
  • Gesamtgesellschaftliche Aufgaben gilt es im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes durch Steuern zu finanzieren.
  • Maßnahmen zur Einführung von kosten­deckenden Beiträgen für Bürgergeld-Beziehende gilt es umzusetzen. Es gilt den Bundeszuschuss zu dynamisieren.
  • Die Finanzautonomie der Kassen muss gestärkt, ihre Beitragssatzautonomie er­halten bleiben. Dabei ist das Haushaltsrecht als das alleinige Recht der Selbst­verwaltung zu bewahren und nicht anzutasten. Durch Klagerechte muss der un­rechtmäßige Eingriff verhindert werden können.
  • Die Höhe der Mindestrücklagen, die eine Krankenkasse vorhalten muss, ist zu erhöhen, damit die Gefahr unterjähriger Beitragssatzsteigungen gesenkt wird.
  • Es ist das Ziel, vom alleinigen Lohnkostenmodell abzurücken und weitere Finan­zierungsquellen zu erschließen; eine weitere Steigerung der Lohnnebenkosten ist nicht akzeptabel.
  • Ein solidarischer Ausgleich von lohnintensiven und weniger lohnintensiven Be­schäftigungssektoren ist anzustreben. Eine Beteiligung der Plattformarbeit und der Digitalwirtschaft an der Finanzierung der Solidargemeinschaft ist umzuset­zen.
  • Verbreiterung der Einnahmebasis der GKV durch Partizipation an Steuereinnah­men: Durch die Steuereinnahmen aus den Genusssteuern erzielen der Bund und die Länder Einnahmen aus gesundheitsschädlichem Verhalten, während die GKV die Kosten trägt. Ein Anteil dieser Steuereinnahmen ist in eine Sonderab­gabe an den Gesundheitsfonds umzuwandeln.
  • Das „Hamburger Modell“ (Gesetz über die Einführung einer pauschalen Beihilfe zur Flexibilisierung der Krankheitsvorsorge - Wahlfreiheit für Beamtinnen und Beamte zwischen GKV und PKV) sollte bundesweit ausgerollt werden.
  • Angesichts der demografischen Entwicklung und zur nachhaltigen Stabilisierung der Kassenfinanzen soll eine ergänzende, steuerfinanzierte, kapitalgedeckte Säule eingeführt werden (analog zur Rentenversicherung).
  • Föderale Strukturen bedingen die Übernahme von Finanzverantwortung: Der schleichende Rückzug aus gemeinsamen Finanzierungsformen durch Bund, Län­der, Kommunen und Leistungserbringern sowie die gleichzeitige Mehrbelastung der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler (z.B. bei den Investitionskosten für Krankenhäuser) ist zu stoppen.

  • Qualität und Wirtschaftlichkeit schließen sich nicht aus. Krankenkassen brauchen daher Handlungsspielräume und Steuerungsmöglichkeiten über die Wiederher­stellung bzw. Ausweitung von Ausschreibungsmöglichkeiten.
  • Die Mehrwertsteuer auf Hilfsmittel und Humanarzneimittel ist auf sieben Prozent abzusenken. Es ist nicht erklärbar, weshalb lebenswichtige Arzneimittel in Deutschland mit den vollen neunzehn Prozent besteuert werden. Eine geringere Besteuerung von Human-Arzneimittel ist in nahezu allen europäischen Ländern Standard.
  • Wirtschaftlichkeit ist tragendes Prinzip der GKV. Dies schließt die Erwirtschaftung von Erträgen nicht aus. Renditen im Gesundheitswesen dürfen jedoch nicht zu Lasten von Versorgungsqualität und Patientensicherheit erwirtschaftet werden.
  • Die Innungskrankenkassen fordern, dass - wenn private Unternehmen Daten für ihre Geschäftszwecke nutzen, um z.B. Produkte auf Basis dieser Daten auf den Markt zu bringen - die Nutzung dieser Daten der Solidargemeinschaft, z.B. bei Erstattungsverhandlungen, wieder preismindernd berücksichtigt werden.
  • Prüfrechte (z.B. Krankenhausrechnungen) und Steuerungsoptionen (z.B. Ra­battverträge, aber auch Fallmanagement) der Kassen sind wiederherzustellen bzw. auszubauen, um die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung sicherzustel­len.
  • Die Umlagekassen sind zukunftsfest zu machen. Gleiche Wettbewerbsbedingun­gen für alle Kassen, d.h. keine Quersubventionierung der KNAPPSCHAFT durch Beiträge der Minijob-Zentrale sowie klare Trennung der Umlagekassen von Mi­nijob-Zentrale und Knappschaft.
  • Eine konsequente Überarbeitung des gesamten Leistungskataloges der GKV un­ter Evidenz- und Qualitätsgesichtspunkten ist durchzuführen. Neue Leistungen sollten dabei veraltete Leistungen in der Gesamtregelversorgung ablösen. Für den Ausschluss von Leistungen aus dem Leistungskatalog der GKV bedarf es einer Absenkung der Mehrheitsvorgaben (derzeit 2/3) im G-BA.

  • Förderung von Prävention auch in der ambulanten Pflege: Für pflegende Ange­hörige, pflegende Fachkräfte und Pflegebedürftige, die von ambulanten Pflege­diensten versorgt werden, besteht ein spezieller Präventionsbedarf, der derzeit nicht gedeckt wird.
  • Das Prinzip Rehabilitation vor Pflege ist weiterhin zu stärken - Initiativen in die­sem Bereich werden begrüßt, wie z.B. frühzeitige Empfehlungen für Rehabilitati­onsmaßnahmen.
  • Beratungsdienstleistungen (Reha und Pflege) sind zu koordinieren und transpa­rent zu machen; Flickenteppiche von Beratungsstellen sollten vermieden werden.

  • Eine langfristige solide Finanzierung ist unter Berücksichtigung eines stabilen Beitragssatzes sicherzustellen. Eine ständige Erhöhung der Eigenanteile ist aus­zuschließen. Der ausgesetzte Pflegevorsorgefonds ist als Sondervermögen vor staatlichen Eingriffen zu schützen und zur Abfederung demographischer Lasten weiterzuführen und auf das ursprünglich geplante Niveau aufzufüllen.
  • Bekenntnis zur Teilkasko-Versicherung: Für die Finanzierung der Pflege ist eine Eigenverantwortung notwendig, aber auch eine finanzielle Begrenzung nach Ver­mögensstand erforderlich (Überlastungssicherung).
  • Da die SPV gesamtgesellschaftliche Aufgaben übernimmt, fordern wir den Aus­gleich der versicherungsfremden Leistungen aus Steuermitteln.
  • Eine Verstetigung sowie der Ausbau der Bundes- und Länderzuschüsse sind si­cherzustellen: Die Länder müssen ihrer Verantwortung für die Investitionskosten in vollem Umfang nachkommen.

  • Die soziale Selbstverwaltung ist in ihrer Verantwortung für die Verbesserung des Gesundheitssystems auszubauen – das gilt auch für die gemeinsame Selbstverwaltung. Eingriffe des Staates in die Selbstverwaltung werden abgelehnt, weil sie nicht zu einer Verbesserung eines evidenzbasierten und freiheitlichen Gesundheitssystems führen. Insoweit ist der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen zu stärken und fair auszugestalten.
  • Die soziale Selbstverwaltung benötigt seitens Politik Vertrauen, Handlungsfähig­keit und Planbarkeit. Die Kategorien „Vertrauensschutz“ und „Rückwirkungsver­bot“ sind als rechtsstaatliche Grundpfeiler für die Selbstverwaltung unabdingbar. Insbesondere die mit dem MDK-Reformgesetz getroffenen Regelungen für die Wahlvoraussetzung für den Verwaltungsrat des MD Bundes (Befristungen, Äm­terbeschränkung) stehen diesen im Weg und sind dringend reformbedürftig.
  • Vor dem Hintergrund von zunehmenden staatlichen Rechtsbeschneidungen und -übergriffen (z.B. auferlegte Finanzierung von gesamtgesellschaftlichen Aufga­ben entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts) ist den Krankenkassen und deren Verbänden eine Klagebefugnis zur Prüfung der Ver­fassungsmäßigkeit von Gesetzen einzuräumen. Der Umstand, dass verfassungs­rechtlich bedenkliche Gesetze erlassen werden, ohne dass - wie derzeit mangels Grundrechtsfähigkeit - eine Klagemöglichkeit besteht, ist in einem Rechtsstaat nicht hinnehmbar. Die Gesetzgebung ist durch Änderung des Sozialgerichts- und Bundesverfassungsgerichtsgesetz sowie durch die Erwähnung im Grundgesetz entsprechend anzupassen.
  • Die zuständigen Aufsichtsbehörden sind auf die Rechtsaufsicht zu beschränken, die in der Vergangenheit teilweise ausgeübte Fachaufsicht stellt eine Überschrei­tung der aufsichtsrechtlichen Kompetenzen in den Hoheitsbereich der Selbst­verwaltung hinein dar

  • (Verfassungsrechtlich) anerkannte Grundsätze bei der Reform der Sozialwahl müssen Bestand haben. Dies bedeutet: Keine Abschaffung der Friedenswahlen und Listenwahlen statt Personenwahlen. Urwahlen sind nur dort sinnvoll, wo tat­sächlich mehr Kandidaten als Listenplätze vorhanden sind. Wiederermöglichung der Listenzusammenlegung auch nach dem Ende der Einreichungsfrist.
  • Gesetzliche Regelungen zum Ausschluss von Interessenkollisionen in den Gre­mien der Selbstverwaltung sind zu erweitern.
  • Wichtig ist die Beibehaltung und Sicherung der Parität von Versicherten- und Ar­beitgebervertretern als einer der Grundsätze des Systems.
  • Stärkung des Ehrenamts: Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt (z.B. Verhinderungspflege im Rahmen Entschädigungsregelung) sind weiter zu etablieren. Des Weiteren sind verlässliche Absicherungen gegen mögliche Haftungsrisiken zu schaffen.

  • Das gegliederte, wettbewerbliche System und die Kassenarten sind fester Bestandteil unseres Gesundheitssystems. Eine politische Steuerung der Krankenkasse wird abgelehnt.
  • Die Möglichkeiten der Krankenkassen im Bereich der Selektivverträge sollten er­weitert werden, um Wettbewerb zu gewährleisten.
  • Ausschreibungen müssen als Wettbewerbsinstrument erhalten bleiben. Rabatt­verträge und Ausschreibungen bedeuten nicht das Ende von Qualität, sondern sind Grundlage einer wirtschaftlichen Versorgung und können durch das Fest­schreiben von Qualitätsstandards eine gute Versorgung gestalten.
  • Mit Blick auf das MDK-Reformgesetz und der damit vollzogenen Abtrennung der Medizinischen Dienste von den Krankenkassen, sollte den Kassen die Möglich­keit gegeben werden, mit welchem Medizinischen Dienst sie in der Frage des Gutachterdienstes zusammenarbeiten.

  • Der Wettbewerb muss fair gestaltet und eine Risikoselektion verhindert werden.
  • Manipulationen sind wirksam zu verhindern: Eine Manipulationsbremse ist ziel­führend. Entsprechende Regelungen müssen bei Prüfungen konsequent durch­gesetzt werden. Dafür ist ein einheitliches und transparentes Prüfungshandeln erforderlich. Manipu­lationen müssen zudem spürbare Konsequenzen haben und mit Geldbußen bzw. Sanktionen geahndet werden
  • Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich soll die Versichertenstrukturen mit der Problematik der sog. Versorgerkassen im Sinne fairer Wettbewerbsbedingungen stärker berücksichtigen und stärkere Anreize zur Gesunderhaltung der Versicherten setzen.

  • Das Verhältnis zwischen PKV und GKV bei der Gestaltung und Finanzierung des regulatorischen Rahmens ist klarzustellen (z.B. Welche Verhand­lungsergebnisse dürfen bzw. müssen für die PKV übernommen werden?).
  • Eine angemessene finanzielle Beteiligung der PKV an gesamtgesellschaftlichen Aufgaben ist sicherzustellen (z.B. Prävention, Transformationsfonds und die Sozialversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige).