Geringe Kosten, große Wirkung: Warum der gestaffelte Mutterschutz jetzt kommen muss

Parlamentarisches Frühstück und Kampagne für den gestaffelten Mutterschutz im Oktober

Berlin, 8.10.2024 - Fehlgeburten betreffen jede dritte Frau, dennoch erhalten Frauen nach Fehlgeburten vor der 24. Schwangerschaftswoche keinen Mutterschutz. Die aktuelle Regelung belastet viele betroffene Frauen zusätzlich und führt zu Ungerechtigkeiten, die sowohl emotionale als auch wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Ein parlamentarischer Austausch zum gestaffelten Mutterschutz

Am 9. Oktober laden die Initiatorin der Petition für einen gestaffelten Mutterschutz, Natascha Sagorski (Gründerin der Organisation "Familie sind alle"), sowie die IKK Südwest und die mkk – meine Krankenkasse, von 8:00 bis 9:30 Uhr zu einem parlamentarischen Frühstück ins Paul-Löbe-Haus ein, um diese dringend notwendige Reform zu diskutieren. Die Veranstaltung unter Schirmherrschaft der MdBs Ulrike Bahr, Kirsten Kappert-Gonther und Nicole Bauer trägt den Titel „Leere Wiege = Volle Arbeitskraft?“. Namhafte Expertinnen und Experten, wie Prof. Dr. Mandy Mangler (Vivantes Klinikum), Daniela Nuber-Fischer (Sternenkindersprechstunde), Andrea Galle (mkk – meine krankenkasse) und Prof. Dr. Jörg Loth (IKK Südwest) werden mit den anwesenden Politiker*innen und Journalist*innen diskutieren.

Im Anschluss an das Frühstück findet ab 9.15 Uhr ein Fototermin vor dem Bundestag an einer überdimensionalen aufgebauten leeren Wiege statt. Hierzu anwesend sind u. a. die MdBs Lars Klingbeil, Ulrike Bahr und Nicole Bauer, Collien Ulmen-Fernandes (Schauspielerin), Philipp Grütering (Deichkind) mit seiner Frau, Marie Nasemann (Model) mit ihrem Mann, Natascha Sagorski, Prof. Mandy Mangler, und weitere Abgeordnete.

Kampagne und prominente Unterstützung

Zeitgleich startet die deutschlandweite Kampagne „Leere Wiege = Volle Arbeitskraft?“, die vom IKK e.V. sowie von bekannten Persönlichkeiten wie Philipp Grütering (Deichkind), Collien Ulmen-Fernandes, Marie Nasemann, Sebastian Tigges, Lars Klingbeil, Anja Karliczek, Franziska Brandmann, Katharina Schulze und vielen weiteren unterstützt wird, die sich für die Rechte der Frauen nach Fehlgeburten starkmachen und z. T. an der Veranstaltung teilnehmen werden.

Warum ein gestaffelter Mutterschutz dringend erforderlich ist

Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, müssen oft sofort wieder arbeiten, da das Ausstellen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen alleine im Ermessen der Ärztinnen und Ärzte liegen. Laut einer Studie der IKK Südwest entwickeln jedoch 60 Prozent der betroffenen Frauen Depressionen, die diese massiv belasten und parallel zu langen Arbeitsausfällen und höheren Kosten führt. Natascha Sagorski erklärt: „Fehlgeburten verursachen hohe Kosten – emotional, gesundheitlich und wirtschaftlich. Wir können die Umstände, unter denen Betroffene leiden, verbessern und mithilfe des gestaffelten Mutterschutzes Rahmenbedingungen schaffen, die alle entlasten.“

Prof. Dr. Jörg Loth, Vorstandsvorsitzender der IKK Südwest, steht an der Seite der Betroffenen: „Die aktuelle Rechtslage zum Anspruch auf Mutterschutz beruht auf einer willkürlichen Festlegung, was zu Ungleichbehandlungen von Frauen nach einer Tot- oder Fehlgeburt führt: die Anerkennung des Mutterschutzes darf nicht an einer starren Gramm- und Wochenzahl festgemacht werden und damit festlegen, wer sich als Mutter fühlen darf und wer nicht. Diese Ungerechtigkeit gilt es zu beseitigen. Eine Auswertung unserer Versichertendaten ergab, dass über 60 Prozent der Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, im Anschluss daran psychisch erkranken und damit länger ausfallen. Wenn wir annehmen, dass 70 % der Frauen den gestaffelten Mutterschutz in Anspruch nehmen, würde die finanzielle Mehrbelastung rund 20,9 Millionen Euro betragen. Zum Vergleich: Dies würde lediglich einem Anteil von 0,005 % des Bundeshaushaltes entsprechen. Wir sind zuversichtlich, dass das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird.”

„Noch nie war die Beschäftigungsquote von Frauen so hoch, wie heute,“ sagt Andrea Galle vom Vorstand der mkk – meine krankenkasse. „Dadurch, dass Frauen in der Arbeitswelt sichtbarer sind, hat auch das Thema Frauengesundheit die Chance, den richtigen Stellenwert zu erhalten. Ein gestaffelter Mutterschutz ist unter sozialen aber auch unter ökonomischen Aspekten nachhaltig. Jede Frau sollte ausreichend Zeit erhalten, sich von den seelischen und körperlichen Strapazen einer stillen Geburt zu kurieren. Nicht nur in Zeiten des Fachkräftemangels sollten Arbeitgeber ein Interesse daran haben, dass ihre weiblichen Beschäftigten solche Schicksalsschläge gut bewältigen können und nicht in ihrer beruflichen Entwicklung beeinträchtigt sind.“

Vorteil auch für die Wirtschaft

Ein gestaffelter Mutterschutz ermöglicht es Frauen, selbstbestimmt über ihre Erholungszeit zu entscheiden. Auch Unternehmen profitieren davon: Kosten durch Langzeitausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen können durch diese flexible Regelung deutlich reduziert werden. Der IKK e.V. schätzt die Mehrkosten für einen gestaffelten Mutterschutz auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag – eine sinnvolle Investition mit hoher Wirkung.  „Durch die Erweiterung des Mutterschutzes wird dieser zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe und damit auf viele Schulter verteilt. So werden insbesondere kleine Betriebe und das Handwerk entlastet“, sagt der alternierende Vorstandsvorsitzende Hans Peter Wollseifer. Hans-Jürgen Müller, Vorstandsvorsitzender des IKK e.V., erklärt: „Uns Innungskrankenkassen geht es aber nicht um die finanzielle Seite. Uns geht es um die Beseitigung eines aus unserer Sicht grundsätzlichen Missstandes. Das Thema Fehl- und Totgeburten darf kein gesellschaftliches Tabu mehr sein. Es muss alles dafür getan werden, dass Betroffene bestmögliche Unterstützung erhalten, um eine Fehl- oder Totgeburt verarbeiten zu können. Deshalb unterstützen wir die Kampagne.“

Der IKK e.V. ist die Interessenvertretung von Innungskrankenkassen auf Bundesebene. Der Verein wurde 2008 gegründet mit dem Ziel, die Interessen seiner Mitglieder und deren 5,1 Millionen Versicherten gegenüber allen wesentlichen Beteiligten des Gesundheitswesens zu vertreten.