Unverhältnismäßig hohe Freihaltepauschalen für Krankenhausbetten, zum Teil komfortable Ausgleichsregelungen für entgangene Umsätze oder für Hygienemaßnahmen in der ambulanten Versorgung und nicht nachvollziehbare Abgabenerstattungen in Höhe von sechs Euro pro FFP2-Masken an Apotheken. Mit Blick auf diese und weitere Beispiele warnen die Innungskrankenkassen davor, dass mit dem Argument der Bewältigung der Corona-Pandemie der Aspekt der Wirtschaftlichkeit im Gesundheitssystem schleichend erodiert. Sie appellieren an die Bundesregierung sowie an die Mitakteure im Gesundheitswesen, den im SGB V verankerten Grundprinzipien, nach denen die Versorgung medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich sein muss, wieder stärker Geltung zu verschaffen.
„Wenn es unter dem Mantel der Pandemiebekämpfung zu Mitnahmeeffekten auf Kosten der Beitrags- oder der Steuerzahler kommt, dann gerät das Prinzip der wettbewerblichen Sozialversicherung in Misskredit“, sagt Hans-Jürgen Müller, Vorstandsvorsitzender des IKK e.V. und verweist auf Meldungen, dass Krankenhäuser zum Teil überfinanziert worden sind. „Die Grundprinzipien unseres Gesundheitssystems, Solidarität und Eigenverantwortung, bedürfen als Ergänzung der Wirtschaftlichkeit. Dies ist gerade in Krisenzeiten wichtig.“ So kritisiert Müller, dass die Politik das Instrument der Rechnungsprüfung im Krankenhausbereich massiv eingeschränkt hat.
Hans Peter Wollseifer, Vorstandsvorsitzender des IKK e.V., konkretisiert in Bezug auf die insgesamt schwieriger werdende finanzielle Lage der Krankenversicherung: „Auch wenn die Sicherstellung der ambulanten und stationären Versorgung in Pandemiezeiten Vorrang haben muss, sind alle Ausgaben auch mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Nur dann ist ihre Finanzierung durch Arbeitgeber und Versicherte gerechtfertigt.“ Er verweist darauf, dass auch das Handwerk in vielen Bereichen systemrelevante Arbeiten erbringt, aber keine zusätzlichen Aufwände erstattet bekommt.
Auch wenn ein Teil der unverhältnismäßigen Erstattungen zunächst über die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zwischenfinanziert und schlussendlich über den Bund ausgeglichen werden soll, so befürchten die Vorstände des IKK e.V., dass die Kosten für die verschiedenen Maßnahmen langfristig doch wieder zu Lasten der GKV gehen. Dies werde dann wieder auf den Schultern der Beitragszahler – Versicherte und Arbeitgeber – ausgetragen, sind Müller und Wollseifer sicher.
„Von den direkten und indirekten Auswirkungen der Corona-Pandemie sind sowohl die Betriebe als auch die Arbeitnehmer massiv betroffen. Wenn sie dann auch noch über ihre Beiträge überzogene oder unbegründete Ansprüche unterschiedlicher Akteursgruppen finanzieren müssen, dann kommt langfristig das austarierte Gleichgewicht im Gesundheitswesen erheblich ins Wanken.“