Die Wettbewerbsverzerrungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verfestigen sich weiter. Dies geht aus den aktuellen Zahlen des RSA-Schlussausgleichs für das Jahr 2018 deutlich hervor. Es zeigt sich, dass ein Großteil der gesetzlichen Krankenkassen vom bestehenden Finanzausgleich der Krankenkassen (Morbi-RSA) weiterhin massiv benachteiligt ist. Anlässlich des ersten Durchgangs im Bundesrat am 29. November 2019 appellieren die Verbände der Ersatz-, Betriebs- und Innungskrankenkassen deshalb noch einmal eindringlich an Bund und Länder, den Gesetzentwurf des Fairen-Kassenwettbewerbs-Gesetzes (GKV-FKG) im Hinblick auf die Morbi-RSA-Reform nicht noch einmal aufzuschnüren. Es handele sich um ein ausgewogenes Gesamtpaket, das dazu führen wird, den Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen gerechter zu gestalten.
Nach den aktuellen Zahlen fehlen den Ersatzkassen über 1 Milliarde Euro, den Betriebskrankenkassen 319 Millionen Euro und den Innungskrankenkassen 178 Millionen Euro in 2018 für die Versorgung ihrer Versicherten. Seit Jahren liegen die RSA-Zuweisungen für die Mitgliedskassen der drei Verbände in Summe deutlich unter ihren jeweiligen Ausgaben. Dagegen sind die Ausgaben der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) seit Jahren überdeckt, und zwar mittlerweile mit mehr als eineinhalb Milliarden Euro pro Jahr. Diese „Schere“ bei der Deckung der Ausgaben durch Morbi-RSA-Zuweisungen ging auch im Jahr 2018 weiter auseinander, was sich auch in den Zusatzbeitragssätzen niederschlug. Daher kann derzeit nicht von einem fairen Wettbewerb unter den Krankenkassen gesprochen werden.
Die Gesamtmaßnahmen des GKV-FKG zur Reform des RSA sind daher richtig und wichtig, damit die Beitragsgelder wieder dorthin fließen, wo sie für die Versorgung benötigt werden. Hervorzuheben sind vor allem:
- Die Einführung eines Regionalfaktors genauso, wie eines Risikopools, um einerseits die regionalen Deckungsbeitragsunterschiede zwischen den Krankenkassen zu reduzieren und andererseits einen zielgenauen und unbürokratischen Ausgleich für teure Leistungsfälle zu schaffen.
- Die Streichung der Zuschläge für Erwerbsminderungsgruppen, damit die freiwerdenden Mittel allen Versicherten zugutekommen, die an der gleichen (schweren) Krankheit leiden.
- Die geplante Förderung von Präventionsmaßnahmen, durch eine Vorsorgepauschale, um Anreize zu schaffen, Krankheiten zu vermeiden und in die Gesundheit der Versicherten zu investieren.
- Die Einführung einer Manipulationsbremse. Sie ist im Zusammenhang mit der Einführung eines Vollmodells zwingend notwendig, da ein Vollmodell die Manipulationsanfälligkeit des Verfahrens vervielfachen wird. Das Potenzial ergibt sich allein daraus, dass sich im Vollmodell die Zahl der zuschlagsrelevanten Diagnosen vervielfachen wird.
- Die zusätzlich geplanten Maßnahmen zur Reduktion der Manipulationsanfälligkeit des RSA, insbesondere die geplante Stärkung der Aufsichtsrechte des Bundesversicherungsamtes (BVA), um so dem Ziel einer für alle Krankenkassen einheitlichen Aufsichtspraxis näher zu kommen.
Diese Maßnahmen können dafür sorgen, dass die Schere sich nicht immer weiter öffnet. Die Kassenverbände, die mit ihrem bundesweiten Marktanteil von über 60 Prozent die Versorgung auch regional und vor Ort für ihre Versicherten sicherstellen, betonen ferner, dass gerade die vorgesehenen Regelungen zur Reduktion von Manipulationsanreizen dazu beitragen werden, dass die Versorgung der Versicherten in den Mittelpunkt des Handelns gerückt wird.
Unabhängig von der positiven Beurteilung der Morbi-RSA-Maßnahmen bleiben die Regelungen zur Neuorganisation der Strukturen des GKV-Spitzenverbandes kritisch. Eine Unterstützung der Länder zur Bewahrung des Systems der sozialen Selbstverwaltung wäre nützlich.
Pressekontakte:
Andrea Röder, BKK Dachverband e. V.
Tel: 030/2700406-302, E-Mail: andrea.roeder@ bkk-dv.de
Michaela Gottfried, Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek)
Tel: 030/26931-1200, E-Mail: michaela.gottfried@ vdek.com
Iris Kampf, IKK e.V.
Tel: 030/202491-32, E-Mail: iris.kampf@ ikkev.de